Rana Faizi, Klaus Siewert (Gründer des Landschreiber-Wettbewerbs) und Dinah Ehnts aus Esens (Gewinnerin des Förderpreises 2023)


Landschreiber-Preis „Flucht & Migration“ erstmals in Jever verliehen

Gespanntes Warten im Lokschuppen. Der Zug von Berlin nach Jever hat Verspätung. Als Rana Faizi dann vom Bahnhof Jever in Begleitung ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester Shiwa in den Lokschuppen eintritt, wartet etwas vor drei Jahren noch nicht Denkbares auf sie: Sie, die vor drei Jahren noch kein Wort Deutsch sprechen konnte, wird als erste Preisträgerin des Sonderpreises „Flucht & Migration“ begeistert vom Publikum begrüßt, nachdem der Gründer des Landschreiber-Wettbewerbs und Vorsitzende der Jury, Klaus Siewert aus Wiarden, die Minuten des Wartens mit der unglaublichen Geschichte der heute 15-jährigen Rana überbrückt hat: mit 12 Jahren hat sie ihre Heimat, das von den Taliban beherrschte Afghanistan, verlassen, kam „sprachlos“ in Berlin an, engagiert sich alsbald beim Deutschen Roten Kreuz und bei Greenpeace und gewinnt mit einem Text in deutscher Sprache zwei Jahre später einen internationalen Sprach- und Literaturpreis. Als sie dann ihren Text „Sprachlosigkeit“ vortrug, waren die Zuhörerinnen und Zuhörer ergriffen. Bei der Überreichung der Urkunde bedankte sich Klaus Siewert gerührt: „Sie haben mit ihrem Text der ganzen Welt ein Geschenk gemacht!“. Und die stellvertretende Landrätin des Landkreises Friesland, Marianne Kaiser-Fuchs, stimmte sofort zu, den Text zunächst an alle Schulen und Bildungsinstitutionen der Region weiterzugeben. Digital soll er dann auf der Website des Landschreiber-Wettbewerbs in wenigen Wochen weltweit verfügbar sein.

Rana ist nun mit ihrer Familie zwei Wochen lang im Literaturhaus des Landschreiber-Wettbewerbs im Wangerland zu Gast. Nach Beendigung der Veranstaltung hagelte es gleich spontane Einladungen für sie und ihre kleine Familie: zum Kennenlernen des Immateriellen Kulturerbes „Ostfriesische Teekultur“ in Moorwarfen, zum Muschelsammeln nach Schillig, zu einem Ausflug auf eine der ostfriesischen Inseln und zum Fahrradfahren-Lernen, wozu Erwin Fuchs, Fahrlehrer aus Jever, einlud.

Wenn dann am 3. November die Gewinnerinnen und Gewinner des 11. Landschreiber-Wettbewerbs „Sprache & Sprachlosigkeit“ im Rathaus zu Jever Lesehäppchen aus ihren prämierten Gedichten und Geschichten präsentieren, wird Rana in neuer Funktion dabei sein: als jüngstes Vorstandsmitglied des Landschreiber-Wettbewerbs und Tutorin des Preises „Flucht & Migration“ – und sicherlich dazu bereit sein, ihren Text noch einmal vorzutragen, bevor sie dann noch am selben Tag nach Berlin zurückreist, weil am Montag dann der Unterricht im John-Lennon-Gymnasium beginnt.